Zugegeben, von Kristin Warschau hatte ich noch nichts gehört. Dabei lese ich viel. Ihr aktueller und dritter Krimi spielt in der Region, in der ich lebe: Am NOK. Nach der Lektüre i muss ich sagen: Man hört viel zu wenig von ihr. Sie ist wirklich gut!
Tathergang
Es ist ein heißer Sommer. Ein alter Mann beobachtet Lichter am Nord-Ostsee-Kanal und wird tot aufgefunden. Wenig später wird eine Leiche am Flemhuder See entdeckt, die dann verschwindet. Und eine von der Außenwelt abgeschottete Gutsanlage gibt Rätsel auf. Auf den ersten Blick haben die Vorgänge nichts miteinander zu tun. Kirstin Warschau beginnt diverse Handlungsstränge, führt sie nur zum Teil weiter. Das verlangt Aufmerksamkeit, aber fesselt den Leser – der am Ende entdeckt, dass nicht jeder Strang von entscheidender Bedeutung war. Aber alle Schilderungen sind kleine Puzzleteile eines großen Bildes.
Tatort
Die Kielerin Kirstin Warschau hat sich eine Region ausgesucht, die vor den Toren der Landeshauptstadt liegt. Der Flemhuder See hat einen Zugang zum Nord-Ostsee-Kanal und an seinem südwestlichen Ufer Spülfelder, in denen der Aushub vom Kanal gelagert wird. Achterwehr, der Achterwehrer Schifffahrtskanal, die alte Schleuse Strohbrück, Fischmeister Wrohe am Westensee, der Falckensteiner Strand von Kiel – all diese Orte sind real vorhanden und treffend beschrieben.
Auch das Öllager der Marine aus dem Zweiten Weltkrieg gibt es tatsächlich. Wer mehr dazu wissen will: Einfach bei Wikipedia unter „Flemhuder See“ nachlesen.
Das Gut Kreihorst, zwischen Flemhuder See und Schifffahrtskanal angesiedelt, entstammt allerdings der Fantasie der Autorin. Aber es gibt ja genügend Güter in der Region – und diese haben augenscheinlich als Vorlage gedient.
Die Vermischung von Fiktion und Realität wirkt in manchen Büchern störend. Aber hier ist beides außerordentlich geschickt und glaubhaft miteinander verwoben.
Übrigens: Am Ende des Buches gibt es einen Lageplan. Gut zu wissen – hätte mir manches googeln erspart.
Die Ermittlerin
Es ist bereits der dritte Fall für Olga Island, die in Laboe bei ihrer Tante aufwuchs, dann nach Berlin ging und wieder nach Kiel zurück gekehrt ist. Jetzt ist sie im sechsten Monat schwanger und hat ständig Hunger. Einwenig irritierend ist, dass die Autorin ihre Hauptperson meist nur Island nennt.
Bei Männern ist das gängig, bei Frauen wirkt es auf mich störend. Allerdings hatte ich mich zum Ende daran gewöhnt.
Titelbild
Warum das Verbotszeichen? Keine Ahnung. Und der NOK ist es auch nicht, was da als Wasserfläche abgebildet ist. Aber nun weiß ich, dass in den Verlagen die Cover nicht nach möglichst großem Realismus ausgesucht werden – sondern danach, was die Leser wahrscheinlich am meisten zum Kaufen animiert.
Fazit Eine fesselnde Lektüre mit einem unerwarteten Ende und viel Lokalkolorit – ohne das dieser zu sehr im Vordergrund steht. Und jetzt werde ich auch Warschaus erste beiden Bücher lesen.
Kirstin Warschau, „Kanalfeuer – Ein Fall für Olga Island“
320 Seiten, 9.99 Euro, Piper TB, VÖ 16. Juli 2012