Eiderstedt 1846: Dina Martensen soll nach dem Verbleib einer jungen Milchmagd forschen, von der jede Spur fehlt. Die Gendarmerie nimmt den Fall zunächst nicht ernst, doch dann wird eine Frauenleiche in der Marsch gefunden, gefesselt und geschändet. Ist die Tote die Vermisste? Als wenig später ein Knecht vergraben im Deich entdeckt wird, beginnt für Dina ein Wettlauf gegen die Zeit. (Verlagsinfo)
Ort der Handlung ist Eiderstedt. Als „verlassene Gegend“ bezeichnet der Kutscher die Region. „Wassergräben durchzogen den Landstrich und nur selten passierte das Gefährt einzelne Gehöfte“. Dina Martensen reist von Amrum nach St. Peter, um nach einer verschwundenen Magd zu suchen.Die Beschreibung der Landschaft macht deutlich, das wenige Kilometer bei den damaligen Transportmöglichkeiten und Straßenzuständen eine lange und mühevolle Reise bedeuteten.
„Hilfreich bei der Recherche waren mehrere Reisebeschreibungen und genaue Beschreibungen der Lebensumstände auf der Halbinsel Eiderstedt aus der Zeit“, sagt der Autor. Es ist ihm gelungen, dieses Wissen so zu verwenden, dass es die Biedermeierzeit im Norden (damals noch zu Dänemark gehörig) lebendig wird.
„So kletterten insgesamt acht Reisende auf den Wagen und schoben ihr Gepäck unter die Sitzbänke. … Zwei Gänse reckten ihre Hälse durch die Holzlatten eines Käfigs und zischten böse, als sie aufgeladen wurden. Kleine Fässer mit Salz folgten, Spaten und Eimer landeten zu Füßen der Passagiere.“
Auch die Lebenssituation von arm und reich wird sehr anschaulich geschildert.
„Hitzlöper nennt man hier die armen Teufel, die auf der Suche nach irgendetwas Verwertbarem die Strände ablaufen“, erklärte der Schulmeister Dina leise.“
Und ein Pastor klärt sie später weiter auf:
„Die Ökonomie in der Landschaft Eiderstedt ist im Umbruch … Immer weniger Feldarbeit fällt an, dafür werden die Rinderweiden immer größer und nehmen in ihrer Zahl zu. Der gemeine Landmann geht mehr und mehr dazu über, Vieh zu mästen und es nach England zu verschiffen, so dass die Zahl der Arbeitslosen und der Tagelöhner steigt. Für eine Frau bleibt oft nur der Verding als Milchmagd.“
Verding – ein Begriff, den wir ihn heute nicht mehr Verwenden. Eine Kleinigkeit, die aber das Gespräch sehr authentisch wirken lässt, ohne dass die Verständlichkeit leidet. Auch ein großes Plus dieses historischen Romans. Ansonsten: Keine Angst, es geht nicht nur um historische Beschreibungen. Vor allem im zweiten Teil gewinnt der Krimi an Fahrt. Es gibt mehrere Tote und ungewöhnliche Wendungen bis zur unerwarteten Aufklärung des Falls.
Volker Streiter hat in einem anderen Verlag bereits diverse Krimis veröffentlicht, unter anderem einen Vorgänger von „Eidergrab“. Eine tolle und fesselnde Lektüre, die nach einer Fortsetzung verlangt.
Fazit
Vergangene Zeiten lebendig werden lassen – das ist mit diesem historischen Krimi bestens gelungen. Keine Schönfärberei, sondern realistische Beschreibungen der damaligen Lebensumstände, ein bisschen Politik, dazu eine unheimliche Mordserie und eine Prise Liebe. So sind historische Romane eine Bereicherung und spannend.
Zum Autor
Volker Streiter, geboren im westfälischen Soest, kam nach der Polizeiausbildung nach Köln und ließ sich dort nieder. Als Polizist streifte er durch Trabantenstädte wie Millionärshäuser, war Einsatztrainer und ist Teil der „Stadtteilpolizei“. In der Freizeit lässt er aus Spaß am Schreiben und der Faszination für die Natur in schönen Gegenden morden. (Verlagsinfo)
Homepage: www.volker-streiter.de
„Eidergrab“, Volker Streiter
304 Seiten, 11.90 Euro, Emons Verlag, VÖ 21. April 2016