Patrick Goeser: Der Individualist – Unterwegs mit Buch, Hellebarde oder Dudelsack

Patrick Goeser ist eine imposante Erscheinung. Er pflegt seinen ganz eigenen Stil. Das spiegelt sich auch in seinem Geschäft wider. „Ich biete ein allgemeines Sortiment, aber ziemlich persönlich ausgewählt“, erklärt er. In diesem Jahr ist die noch junge Rendsburger „Buchhandlung Patrick Goeser“ unter den Gewinnern des Deutschen Buchhandlungspreises. 

Partrick Goeser – individuell ist auch die Einrichtung so wie dieses alte Stehpult. Foto: Sabine Sopha

Deutscher Buchhandlungspreis – das Verfahren
·      Der Preis wird in diesem Jahr zum siebten Mal durch die Bundesregierung verliehen. 
·      Partner sind die Kurt Wolff Stiftung und der Börsenverein des Deutschen Buchhandels.
·      Teilnehmen können inhabergeführte Buchhandlungen, die ein literarisches Sortiment oder ein kulturelles Veranstaltungsprogramm anbieten, innovative Geschäfts­modelle verfolgen oder sich im Bereich der Lese- und Literaturförderung engagieren.
·      Eine unabhängige Jury hat aus 366 Bewerbungen 118 Buchhandlungen ausgewählt.
·      46 der Preisträger kommen aus kleinen und mittleren Städten mit bis zu 50.000 Einwohnern.
·      100 Buchhandlungen bewarben sich zum ersten Mal. Damit stieg die Neubewerbungsquote gegenüber dem Vorjahr um 98 Prozent an.
·      Preisverleihung mit Kulturstaatsministerin Monika Grütters am 7. Juli in Erfurt.

Hartgesotten: Interview im Freien bei winterlichen Temperaturen. Foto: Sabine Sopha

Es ist kalt und regnerisch. Doch Patrick Goeser ist wie meist mit dem Fahrrad zur Arbeit gekommen, die obligatorische Schirmmütze auf dem Kopf. „Mit dem Rad liefere ich rund 80 Prozent der Buchbestellungen aus“, erklärt er, „abhängig von Volumen und Entfernung“. Seine Buchhandlung existiert im fünften Jahr, ist eine von dreien in Rendsburg und liegt ein wenig versteckt in der von vielen Rendsburgern ungeliebten Altstadtpassage. „Das war eine richtig gute Entscheidung“, erklärt er jedoch zur Ortswahl. „Die Passage ist besser als ihr Ruf.“

Eingespieltes Team: Patrick Goeser und Mitarbeiterin Michèle Morell. Foto: Sabine Sopha

Das Gebäude liegt am Altstädter Markt, von hier aus geht es direkt in die Fußgängerzone. Vor dem Restaurant „Mittendrin“ sind Tische und Stühle unter großen Schirmen aufgestellt, die an diesem Tag nicht vor Sonne, sondern uns vor heftigen Regengüssen schützen, während Goesers Mitarbeiterin Michèle Morell im Laden für einen reibungslosen Betrieb sorgt. In dem 45 Quadratmeter großen Geschäft wäre ein Gespräch nur mit Mundschutz möglich gewesen. 

Goeser ist ein Buchhändler mit einer eher ungewöhnlichen Qualifikation. „Ja, ich habe neun Semester Archäologie in Köln studiert – ohne Abschluss“, gibt der 53-Jährige grinsend zu. Geschichte interessiert ihn immer noch, vor allem das Mittelalter. Doch sowohl er als auch seine Frau Ulrike fanden in ihren gewählten Studienfächern keine Erfüllung. Patrick Goeser erinnert sich noch genau: „Wir standen vor einer alten Buchhandlung – und da wusste ich: Das ist es.“ Und noch eines wussten er und seine Frau: Sie wollten Köln verlassen und in den Norden. „Das es dann Rendsburg geworden ist, ist Zufall.“ Inzwischen lebt das Paar seit mehr als zwanzig Jahren in der Stadt am Nord-Ostsee-Kanal. 

Der Kölner hatte damals die Gelben Seiten nach Buchhandlungen in Schleswig-Holstein durchforstet, fünf Bewerbungen geschrieben, drei Einladungen erhalten und zwei Zusagen. „Ich habe mich dann für Reichel entschieden.“  In dem Rendsburger Traditionsgeschäft absolvierte er seine Ausbildung und war dort bis zum Sommer 2015 beschäftigt. 

In der Region Rendsburg ist der Buchhändler eine bekannte Erscheinung. Aufgrund seiner Größe ist er schwer zu übersehen. Zu seinem individuellen Kleidungsstil gehört meist eine Weste mit Uhrenkette. Goeser kommt aus der Folk-Szene („Aber ich höre gerne Jazz und Rock“), ist oft mit seiner Band „Das walte Hugo“ aufgetreten, hat mit seinem Dudelsack zu zahlreichen Anlässen gespielt („Ich habe vier verschiedene Dudelsäcke. Es ist mein Leib- und Magen-Instrument“) und singt seit vier Jahren im Kantatenchor von St. Marien in Rendsburg.

Wenn Corona nicht gerade das gesellschaftliche Leben lahmlegt, ist er in der Kanalstadt außerdem als Nachtwächter unterwegs. Die Führungen mit dem beredeten Buchhändler sind sehr beliebt.

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Auf dem Altstädter Markt vor dem Eingang zur Passage zeigt ihn ein Plakat mit den Worten „Wir stehen auf Gute-Nacht-Geschichten“ und weist den Weg zu seinem Geschäft. Daher wundert es nicht, dass sich mehrere Nachtwächter-Figuren in seiner Buchhandlung finden. Wie sein Kleidungsstil ist auch die Einrichtung sehr individuell.

„Die Buchhandlung ist mein zweites Wohnzimmer.

Ich gehe da jeden Tag sehr gerne hin.“

Patrick Goeser

Über dem Verkaufstresen hängen zu Lampen geformte Vinyl-Schallplatten. Gemütliche Sessel laden zum Verweilen ein, die Beschriftung der Abteilungen ist ebenfalls individuell gestaltet und überall gibt es kleine, nette Dinge: Lesezeichen, Leselampen, Buchhüllen, aber auch handgefertigten Schmuck von Bekannten aus der Region. Goeser und Michèle Morell sind jederzeit zu einem Gespräch bereit. Goeser hat auch einen Onlineshop, der ihm in Zeiten von Corona sehr geholfen hat, aber der persönliche Kontakt mit den Kunden ist für ihn entscheidend.

„Ich bin ein kommunikativer und kontaktfreudiger Mensch“, sagt er von sich selbst. Beide Eigenschaften sind – neben der Begeisterung fürs Lesen – seiner Meinung nach wichtige Voraussetzungen für seinen Beruf. Und wer mit ihm ins Gespräch kommt, für den hat er auch den passenden Buchtipp parat – oder eine seiner ganz persönlichen Empfehlungen. So wundert es nicht, dass er auch online aktiv ist: Jeden ersten Donnerstag im Monat präsentiert er seine „Lyrische Viertelstunde“ auf Youtube. 

Deutscher Buchhandlungspreis – die Preise
·      In drei Kategorien werden dotierte Gütesiegel vergeben.
·      7.000 Euro für den größten Teil der Buchhandlungen.
·      15.000 Euro für bis zu fünf Buchhandlungen, die unter den Nominierten besonders herausragen.
·      25.000 Euro für die drei besten Buchhandlungen.

Der Buchhandlungspreis ist an das Geschäft gebunden, quasi eine Subvention. Patrick Goeser hat auch schon eine Idee, was er mit dem Geld machen wird: „Ein Lasten-E-Bike ist schon lange ein Traum von mir.“ Damit kann er dann noch mehr Bücher ausliefern. Und einen Werbeaufdruck soll es natürlich auch erhalten, damit jeder weiß, wer da unterwegs ist. 

Buchhandlung Goeser in der Rendsburger Altstadtpassage. Foto: Sabine Sopha
Goesers persönliche Lieblingsbücher und -autoren

„Ich mag Bücher, die mich überraschen“, sagt der Rendsburger Buchhandler über seinen Buch-Geschmack. „Bücher, die sich nicht in eine Schublade stecken lassen.“ Plot oder Stil sind dabei nicht so entscheidend. Er ist ein großer Belletristik-Fan (Felicitas Hoppe, Sibylle Lewischeroff, Annette Pehnt). Unter den Krimis findet er die Sörensen-Krimis von Sven Stricker „zum Niederknien gut“. 
 
Eines seiner Lieblingsbücher stammt von Christopher Ecker. Der Lehrer aus Kiel schreibt nach seinen Worten, wie und wann er Lust hat. Das Buch „Bahnhof in Plön“ (erschienen im Mitteldeutschen Verlag) hat der Autor auch schon in Rendsburg vorgestellt. Der Titel verrät nichts über den Inhalt, und „der erste Satz ist einfach völlig abgefahren“. Goeser: „Der Ich-Erzähler ist über 1000 Jahre alt, spielt mit den Sprachleveln und gibt keine Erklärungen ab.“
 

1 Kommentar zu Patrick Goeser: Der Individualist – Unterwegs mit Buch, Hellebarde oder Dudelsack

  1. Moin Patrick…..nun habe ich deine Geschichte gelesen und mag dich immer mehr. Warst mir immer sehr sympatisch mein Großer,in jeder Hinsicht. Doch nun bin ich neugierig geworden über das Buch : Bahnhof in Plön „…. Einfach kaufen und Lesen ?? Lg Rainer🍀🌹

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