Sylt, Schnee und Weihnachten ◾️
Luises Eltern versuchen verzweifelt, die seit Jahrzehnten familiengeführte Teestube gegen die Konkurrenz der schicken Cafés auf Sylt zu verteidigen. Doch nun sind sie mit ihrer Kraft am Ende, und Luise eilt ein paar Wochen vor Weihnachten zu Hilfe. Unterstützung erhält sie vom gutaussehenden Konditor Moritz, der sich im Zimmer oberhalb des Cafés eingemietet hat. Ein altes Rezeptbuch, das die Teestube retten könnte, und ein lang gehütetes Geheimnis, das weit in die Vergangenheit ihrer beiden Familien zurückführt, sorgen für Spannung. (Verlagsinfo)
Offengestanden bin ich kein großer Sylt-Fan. Zu voll, zu viel Schicki-Micki. Doch beim Lesen des „Winterzaubers“ entdeckte ich eine andere Sylt-Seite. Naturschauspiele und Spaziergänge am Strand werden so eindringlich beschrieben, dass ich am liebsten sofort losgefahren wäre – um anschließend im „Kliffstübchen“ beziehungsweise der realen Teestube einzukehren, um sich bei einer besonderen Teemischung und hausgemachtem Kuchen am Ofen aufzuwärmen.
Luise hat seit einigen Jahren ein gespaltenes Verhältnis zu ihrer Heimatinsel. Doch der Advents-Atmosphäre kann auch sie sich nicht entziehen.
„Sylt verströmte in der Weihnachtszeit ein ganz besonderes Flair. Die urigen Friesenhäuser waren liebevoll geschmückt, und in den Gärten und Vorgärten leuchteten unzählige Lichter. Windlichter in den Butzenfenstern flackerten und strahlten eine behagliche Wärme aus.“
An zahlreichen Stellen beschreibt Julia Rogasch die heimelige Stimmung in dem alten Kapitänsdorf Keitum. Auch die Gastronomie-Szene scheint sie gut zu kennen. Sie legt Moritz kritische Worte zu der Überfremdung und Wohnsituation in den Mund.
Der tragische Tod von Luises Schwester Marie lastet schwer auf Luises Familie. Vor allem die 88-jährige Großmutter ist verbittert. Luise fühlt sich schuldig, weil sie die Insel verlassen und die Familientradition nicht fortgeführt hat.
„Besondere Stärke beweist, wenn man seine eigenen Interessen und Träume eben nicht hintanstellt, sondern sie verfolgt. Was nicht selten nur geht, indem man großen Gegenwind in Kauf nimmt…“
… heißt es an einer Stelle. Das Fazit von Luise und Moritz: Man sollte immer auf sein Herz hören. Aber noch eine Erkenntnis setzt sich bei den Protagonisten durch: Reden hätte in den meisten Fällen geholfen! Auf diese Weise hätten viele Irrtümer vermieden werden können.
Fazit
Ein sehr stimmungsvoller Roman, der Lust auf Sylt macht und einen Besuch in der Teestube.
Anfangs verwirrend: Abwechselnd wird in der Ich-Form durch Luise und Moritz berichtet. Man muss zu Beginn des Kapitels darauf achten, wer gerade das Sagen hat. Das hatte ich auf den ersten Seiten nicht und war irritiert. Daran gewöhnt man sich aber schnell.
„Winterzauber in der kleinen Teestube am Meer“, Julia Rogasch
416 Seiten, 10.99 Euro, Ullstein TB, VÖ 7. Oktober 2021