Der sechste Fall ◾️
Frau Helbing löst Kriminalfälle so herrlich unaufgeregt. Schließlich ist sie schon Rentnerin. Aber mit einem sicheren Gespür für mörderische Absichten. So ermittelt sie auch diesen sechsten Fall erfolgreich – und nicht die Polizei. Beste Unterhaltung ist dabei garantiert.
Verlagsinfo
So aufregend war Frau Helbings Weihnachten noch nie. Ihr in den USA lebender Schwager Walter hat überraschend für Heiligabend seinen Besuch angekündigt, um in „good old Germany“ ein Fest wie in Kindertagen zu verleben. Und am 25. Dezember wird Frau Helbing dann vor einem erlesenen Hamburger Publikum auf der Bühne stehen! Heide hat sie überredet, eine Rolle in dem Schwank „Tratsch im Treppenhaus“ zu übernehmen, der zu Ehren ihres alten Freundes Dr. Rheder an seinem Geburtstag im St. Pauli Theater aufgeführt werden soll. Als der Jubilar, der selbstredend die Hauptrolle spielen will, zum ersten Mal an den Proben teilnimmt, ist für den ambitionierten Regisseur Alexander Krey der Schock groß: Nach einem Schlaganfall hat der vermeintliche Bühnenstar Mühe zu sprechen. Kurz darauf wird Krey tot in seiner Garderobe gefunden – er hat ein mit Zyankali vergiftetes Weihnachtsplätzchen gegessen. Da auch Frau Helbing Kekse gebacken hat, zählt sie zum Kreis der Verdächtigen. Ein Grund mehr für die Hobbydetektivin, den wahren Mörder zu finden.
Das Buch
Ermittelnde Rentnerinnen gibt es in der Buchszene inzwischen etliche. Aber wohl kaum eine ist dabei so herrlich unaufgeregt wie Frau Helbing. Eine bescheidene Hamburgerin, der Firlefanz in allen Variationen zuwider ist. Vor allem auch zu Weihnachten. Und den riesigen Weihnachtsbaum mit der blinkenden Lichterkette, den Schwager Walter ihr in die Wohnung stellen lässt, findet sie schlicht unangemessen. Zwei Meter siebzig mit Ständer. Ihr alter Weihnachtsschmuck findet in den Augen des Amerikaners auch keine Gnade. „Nice“ findet er es, als er die Kunstkerzen eingeschaltet hat. Frau Helbing dagegen überlegt, in welcher Schublade sie ihre Sonnenbrille liegen hat.
Wie feiern wir Weihnachten und warum. Darum kreisen die Betrachtungen. Das ist Gesellschaftskritik, unterhaltsam verpackt, aber recht offensiv. Und nachdenklich stimmend. „Wieso mache ich eigentlich diesen Weihnachtszirkus mit?“ fragt sich Frau Helbing wie so viele andere Deutsche auch. Der Kriminalfall erscheint dagegen wie eine Nebensache. Aber das macht nichts. Es ist vergnüglich, von Frau Helbings täglichen Routinen zu lesen.
„Acht Uhr fünfundvierzig! Frau Helbing musste zweimal auf die Uhr sehen. Zum einen, weil ihr Blick noch immer getrübt war, und zum anderen, weil sie nichtglauben konnte, die Acht-Uhr-Nachrichten verpasst zu haben. Und nicht nur das. Sie hatte weder Graubrot mit Quittengelee gegessen noch ihre morgendliche Tasse Kaffee getrunken, keine Gymnastik gemacht und die tägliche Wetterprognose ausgelassen! Was für ein Schlendrian!“
(Zitat aus dem Buch)
Frau Helbing hat übrigens auch einen Vornamen: Franziska. Aber der wird selten genannt. Mit ihrem betagzten Kater Chagall lebt sie in der Straße Rutschbahn im Hamburger Grindelviertel, wo sie vierzig Jahre lang mit ihrem Mann eine Metzgerei betrieben hat. Dort hat inzwischen ein türkischer Schneider sein Geschäft, mit dem Frau Helbing eine herzliche Freundschaft verbindet.
Übrigens: Jeder Fall von Frau Helbing lässt sich unabhängig von der Reihenfolge und den anderen Bänden lesen. Aber viel netter ist es natürlich von Anfang an …
Fazit
Die Krimis von Eberhard Michaely sind pointierte Milieustudien, mit Leichtigkeit formuliert und entspannende Lektüre. „Die Bücher bringen einen wirklich in eine positive Stimmung, egal wie das Wetter ist“, schreibt ein Rezensent auf Amazon. Genauso ist es!
„Frau Helbing und die tödlichen Weihnachtsplätzchen“, Eberhard Michaely
208 Seiten, 16.90 Euro, Oktopus Verlag, VÖ 17. September 2024
Das Rezensionsexemplar wurde mir vom Verlag zur Verfügung gestellt. Vielen Dank. Meine Meinung hat dies nicht beeinflußt.