Charles Dickens: Ein Weihnachtsmärchen

Klassiker der Weltliteratur ◼️

Bewertung: 5 von 5.

Also – diese Geschichte ist ein Klassiker. Die Story um den Geizhalz Ebenezer Scrooge existiert in mehreren Versionen, als Hörbuch und natürlich auch in etlichen Film-Varianten. Genial ist die Ausgabe von Volker Kriegel, neu erschienen ist im NordSüd Verlag ein Buch mit Bildern von Lisbeth Zwerger. Geschrieben hat die Geschichte niemand Geringerer als Charles Dickens. 

Das Buch

Im Jahre 1843 erschien das Buch in London unter dem Titel „A Christmas Carol in Prose. Being a Ghoststory of Christmas“ – was wörtlich bedeutet: „Ein Weihnachtslied in Prosa, oder Eine Geistergeschichte zum Christfest“. Unter dem Titel „Weihnachtslied“ existiert sie darum in etlichen Übersetzungen. Auch als „Weihnachtsmärchen“ wird es oft angeboten.

Titelblatt der Erstausgabe von A Christmas Carol, kolorierte Illustration von John Leech.

Darum geht es

Jemand hier, der nicht weiß, worum es geht? Noch nie „Die Geister, die ich rief“ aus dem Jahre 1988 mit Bill Murray gesehen? Okay, das ist eine sehr abgewandelte, aber wie ich finde, sehr unterhaltsame Version. Bill Murray ist darin Frank Cross, ein moderner Geizhals, der so gar nichts vom Geist des Christfestes hält. Und darum erscheinen ihm auch Geister… Mehr als 25 Film-Versionen soll es von der weihnachtlichen Geister-Geschichte geben.

Oder in der Buchversion: Scrooge ist ein alter Geizkragen, der Weihnachten hasst.  Am Heiligen Abend bekommt er unerwartet Besuch – und zwar von drei Geistern. Einer ist sein verstorbener Geschäftspartner und einziger Freund Marley. Marley macht Scrooge unmissverständlich klar, dass es höchste Zeit ist, ein besserer Mensch zu werden. Versteht sich, dass das Ganze ein gutes Ende nimmt.

Der Autor

Charles Dickens (1812-1870), geboren in Landport bei Portsea, wuchs in Chatham bei London auf. Als er elf Jahre alt war, musste sein Vater wegen nicht eingelöster Schuldscheine ins Schuldgefängnis; seine Mutter folgte ihm mit Charles‘ Geschwistern dorthin. Charles, das zweitälteste Kind, musste währenddessen in einer Schuhwichsfabrik arbeiten. Erst als der Vater nach einigen Monaten entlassen wurde, besuchte Charles wieder eine Schule. Mit fünfzehn begann er in einem Rechtsanwaltsbüro als Gehilfe zu arbeiten, später wurde er Zeitungsreporter. 

Seine schriftstellerische Karriere begann er mit seinen Skizzen des Londoner Alltagslebens, die unter dem Titel «Sketches by Boz» 1836 in Buchform erschienen. Seine «Pickwick Papers» folgten ein Jahr später und machten Dickens über England hinaus berühmt. Anschließend entstanden in rascher Folge die ersten Romane, u.a. «Oliver Twist» und «Nicholas Nickleby». Dickens wurde Herausgeber der liberalen Londoner Zeitung «Daily News», reiste in die USA und nach Italien und verfasste 1848/1849 «David Copperfield», der viel autobiographisches Material enthält. 

Dickens‘ liebevolle Schilderungen menschlicher Schwächen, sein Kosmos skurriler und schrulliger englischer «Originale» und die satirische Anprangerung sozialer Missstände machten ihn bereits zu Lebzeiten zu einem der beliebtesten Romanciers der Weltliteratur. Seine Bücher brachten ihm außerdem beträchtlichen Wohlstand ein. Seit 1860 lebte er auf seinem Landsitz Gad’s Hill Place in Kent, wo er im Alter von nur 58 Jahren an einem Schlaganfall starb.

Zeichnungen und Text von Volker Kriegel

Die Geschichte – ich muss es ehrlich sagen – ist in älteren Versionen nicht ganz einfach zu lesen ist. Schließlich sind seit der Entstehung 170 Jahre vergangen. Darum ist die Neuübersetzung von Volker Kriegel (die inzwischen auch schon knapp zwanzig Jahre alt ist!) so angenehm. Dazu kommen die Zeichnungen dieses genialen Illustrators. Diese Kombination macht das Heyne-Heft für mich zur schönsten Version dieser Weihnachtsgeschichte.

Ein paar Beispiele für die unterschiedlichen Übersetzungen:

„Marley was dead: to begin with. There is no doubt whatever about that. … Scrooge signed it: and Scrooge’s name was good upon ’Change, for anything he chose top ut his hand to.“

So beginnt die Geschichte im Original

„Marley war tot, damit wollen wir anfangen. Kein Zweifel kann darüber bestehen. … Scrooge unterschrieb ihn, und Scrooges Name wurde auf der Börse respektiert, wo er ihn nur hinschrieb.“

„Weihnachtslied“ (Kindle-Ausgabe)

„Marley war tot. So geht’s schon mal los. Darüber gibt es nicht den geringsten Zweifel. … Scrooge hatte unterschrieben, und wenn Scrooge seinen Namen für irgend etwas hergab, dann wurde es an der Börse wie ein Wertpapier gehandelt.“

Volker Kriegel

Man merkt: Kriegel hat ein wenig modernisiert. Wie ich meine, auf angenehme Art und Weise. Und darum ist das Buch eines meiner Lieblings-Weihnachtsbücher.

Viele Versionen

2021 neu herausgekommen ist eine Version im Kinderbuchverlag NordSüd. Die Zeichnungen stammen von Lisbeth Zwerger. Sie hat ihr Buch aus dem Jahr 1988 um einige neue Motive erweitert. Die Künstlerin Jahrgang 1954 wurde in Wien geboren und studierte dort an der Hochschule für angewandte Kunst. Seit dem Erscheinen des ersten von ihr illustrierten Buches 1977 ist sie freiberuflich als Bilderbuchillustratorin in Wien tätig. Für ihr Lebenswerk wurde sie bereits mit dem Hans Christian Andersen-Preis ausgezeichnet. Ihre Zeichnungen bestechen durch Leichtigkeit und helle Farbigkeit.

Übrigens habe ich beim Googeln entdeckt:

Carl Barks, der „Vater“ von Dagobert Duck und Co. hat sich bei der Namensgebung von Dickens inspirieren lassen. Im amerikanischen Original lautet der Name von Onkel Dagobert nämlich „Scrooge McDuck“. Sozusagen ein doppelter Hinweis auf den Geiz der Figur. 

Und: Man muss nicht viel Geld zahlen, um diesen Klassiker lesen zu können. Das Kindle-E-Book (englisch und deutsch) gibt’s kostenfrei zum Herunterladen, da die Urheberrechte erloschen sind.

Der Autor und seine Ideen im Film

Also – Charles Dickens und sein „Weihnachtsmärchen“ sind weltberühmt. Ebenso etliche andere Dickens-Romane wie der Bestseller und Klassiker „Oliver Twist“. Doch wer war der Mann, der diese und noch viele andere Bücher geschrieben hat? Auf Deutsch haben Biografien über den englischen Schriftsteller Seltenheitswert. Eine ist „Charles Dickens – der Unnachahmliche“ von Hans-Dieter Gelfert, die ich allerdings nicht gelesen haben.

Gesehen habe ich jedoch den Film „Der Mann, der Weihnachten erfand“ – nach dem Roman von Les Standiford: „The Man Who Invented Christmas: How Charles Dickens‘ A Christmas Carol Rescued His Career an Revived Our Holiday Spirits“

Film

In teilweise düsteren, teilweise bunten Bildern sieht man den Dichter durch London eilen. Nicht auf der Flucht, aber ständig auf der Suche nach Inspirationen. Dickens sprach mit seinen Figuren und so tauchen sie im Film auch als Personen auf – das „Weihnachtsmärchen“ wird zu einem Teil der Geschichte. 

Damit ist „Der Mann, der Weihnachten erfand“ keine Biografie, aber ein märchenhaft-turbulenter Film, der ein erhellenden Blick auf das Leben des Schriftstellers wirft. Der musste als Kind nämlich in einer Fabrik für Schuhwichse arbeiten – eine traumatische Erfahrung, die auch in seine Romane eingeflossen ist.

Nach drei Flops benötigte Dickens dringend Geld. Das „Weihnachtslied“ schrieb er übrigens in nur sechs Wochen, sorgte für einen Illustrator und verlegte es selbst. Der Einsatz lohnte sich. Die Erstauflage war innerhalb kurzer Zeit ausverkauft.

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