
Kattekerwalden – ein merkwürdigiger Titel. Aber der hat einen Hintergrund. Der Roman spielt in einer schleswig-holsteinischen Region, die selten in Büchern bedacht wird: rund um Kaltenkirchen. Geschickt vermischt die Autorin Fiktion mit Fakten. Am Sonnabend, 8. Februar liest sie bei der Ladies Crime Night in Bad Oldesloe aus ihrem Debütroman. * (Einzelheiten zum Termin am Ende des Beitrags)
Verlagsinfo
Telja hat sich ein kleines alleinstehendes Häuschen in Schleswig-Holstein gekauft. Sie ahnt nicht, dass in der kleinen Siedlung, in der heute nur noch vier andere Häuser bewohnt sind, früher einmal an die tausend Menschen gelebt haben. Als ihre 88jährige Nachbarin, die hier seit Jahrzehnten wohnte, stirbt, und Telja dann auch noch Reste eines Skeletts im Paddock ihrer Islandponys ausgräbt, ist ihre Neugier geweckt. Sie versucht herauszubekommen, was es mit dem Skelett auf sich hat und kommt mit Hilfe von Nachbarn und Freunden der Vergangenheit auf die Spur. Dabei erfährt sie mehr über das Kattekerwalden der 1950er Jahre, als sie je erwartet hätte.
Das Buch
Ein Debüt im Selbstverlag, da bin ich oft skeptisch. In diesem Fall wurde ich positiv enttäuscht. Ich habe das Buch in einem Rutsch durchgelesen.
Meine erste Frage an die Autorin war: Was bitte heißt „Kattekerwalden“? „Katteker ist ein plattdeutscher Ausdruck für Eichhörnchen“, erklärte mir Sy Husmann. Sie hat bewusst einen fiktiven Ortsnamen gewählt.
„Den Ort der Handlung gibt es in dieser Form nicht, er ist jedoch geschichtlich an eine tatsächlich existierende Siedlung angelehnt. Einige Geschehnisse sind tatsächlich so passiert, andere vollständig ausgedacht und wieder andere eine Mischung aus Realität und Phantasie.“ Sy Husmann im Vorwort
Wer von Hamburg Richtung Norden fährt und nicht die Autobahn 7 wählt, gelangt auf die Bundesstraße 4, die westlich von Kaltenkirchen verläuft. Dann ist ihm vielleicht auch der Ortsteilname „Springhirsch“ aufgefallen. Es gab hier ein Hotel-Restaurant mit dem Namen „Zum Springenden Hirsch“. Es existieren sogar noch einige Postkarten davon.

Springhirsch gehört zur Gemeinde Nützen, aber nur wenige Kilometer westlich davon liegt Kaltenkirchen, wo nach dem Zweiten Weltkrieg zahlreichen Flüchtlinge und Vertriebene siedelten, wodurch sich die Bevölkerungszahl des Dorfes von 1939 bis 1946 auf rund 5000 Personen verzweieinhalbfachte (Quelle: Wikipedia). Das galt auch für Springhirsch, im Buch Kattekerwalden.
Im Buch heißt das Restaurant „Zum Hasen“ und ist in den 50er Jahren ein florierendes Unternehmen. Die Bundesstraße beschert ihm zahlreiche Gäste.

„Vieles in dem Buch, das dort in den 1950er Jahren passiert, ist tatsächlich passiert“, erzählt Sylvia Habeck. Sie hat diese Informationen mit der fiktiven Geschichte um Telja und Bertha verwoben, die in der Gegenwart (Sommer 2018) und in den Jahren 1950 bis 1954 spielt. Woher stammen die menschlichen Knochen aus Teljas Paddock? Stück für Stück kommt die Wahrheit ans Licht.
Manches meint man zu ahnen, aber die Autorin hält den Spannungsbogen geschickt aufrecht.
Ein bisschen ungelenk sind die zwischenmenschlichen Schilderungen der Gegenwart, aber darüber kann man hinwegsehen.
Das ehemalige Konzentrationslager spielt im Buch keine Rolle.
„Im Spätsommer 1944 errichtete die SS im Auftrag der Luftwaffe das KZ-Außenlager Kaltenkirchen, ein Außenlager des bei Hamburg-Bergedorf gelegenen Konzentrationslagers Neuengamme, mit einer Belegungsstärke von ca. 500 bis 600 Häftlingen. Die männlichen Häftlinge mussten schwere Erdarbeiten beim Bau einer für Düsenflieger geeigneten Startbahn auf dem nahgelegenen Militärflugplatz verrichten“, heißt es auf der Internetseite der heutigen Gedenkstätte.
https://gedenkstaetten-sh.de/gedenkstaetten/kz-gedenkstaette-kaltenkirchen-in-springhirsch-7
Der Kriegs-Flugplatz wird in dem Buch allerdings erwähnt. Das Sy Husmann hierauf nicht näher eingegangen ist, ist legitim. Denn der Krieg spielt weder in der 50er-Jahre-Handlung noch in der Gegenwart eine Rolle.
Autorin
Sy Husmann ist ein Synonym. Der Klarname lautet Sylvia Habeck. „Aber geben Sie mal Habeck und Autor ein, dann erhalten Sie nur Einträge zu Robert Habeck, das wollte ich nicht,“ erklärt sie in einem Gespräch mit dem Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg.
Die Autorin lebt seit einigen Jahren in Springhirsch, einem Ortsteil von Nützen bei Kaltenkirchen im Kreis Segeberg. Die Gespräche mit den alten Einwohnern haben sie zu ihrer Geschichte inspiriert.
Fazit
Es ist der erste Roman von Sy Husmann. Er hat ein paar kleine Unebenheiten, über die man jedoch leicht hinwegsieht angesichts der fesselnden Handlung und der angenehmen Erzählweise. Man kann das Buch als Krimi bezeichnen, doch die menschlichen Verstrickungen stehen im Vordergrund.
„Kattekerwalden“, Sy Husmann
216 Seiten, 13.70 Euro, Buchschmiede von Dataform Media, VÖ 3. Februar 2023
Ladies Crime Night, Sonnabend, 8. Feburar 2025
20 Uhr,
KuB Bad Oldesloe, Beer-Yaacov-Weg 1, 23843 Bad Oldesloe
Es lesen: Marie-Christin Fuchs, Franziska Henze, Sy Husmann, Anke Küpper, Silke Mahrt, Alex Roller, Sabine Weiß
Moderation: Franziska Henze & Anke Küpper
Tickets: Vorverkauf: 11,50 € / Abendkasse: 15,50 €